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  • AutorenbildKatrin Wiemeyer

Schwarz-weiss. Der Hautkrebs und alles andere.

Teil 8

Reha - zwischen Rollator, Stuhlkreis und Dauerwurst?

Kleiner Spoiler vorweg.. mir ist alles begegnet, der Rollator, der Stuhlkreis und die Dauerwurst.

Aber auch vieles mehr!

Aber mal wieder der Reihe nach...


Als ich im März 2020 zur Befundbesprechung bei meinem Arzt war, sagte er im Rausgehen: "Ach ja...sie haben jetzt Anspruch auf einen Schwerbehindertenausweis, aber besser parken geht trotzdem nicht.

Und eine Reha könnten sie auch machen, aber ich glaube, da sind sie nicht der Typ für...und außerdem sehen sie da die ganz schlimmen Fälle, vielleicht besser nicht. Tschüüüüß!"

Das war meine Info zur Reha.

Da ich nicht im Krankenhaus war, fiel ich durch das Netz. Kein Sozialdienst an meiner Seite, Infos nicht vorhanden oder vorbelastet. Im ersten Moment dachte ich eh :"ne Reha? Wozu? Ich krieg jetzt meinen Nachschnitt und dann bin ich wieder die Alte, was soll ich in einer Reha."

Der Punkt, wieder die Alte und so war ein Griff ins Klo, aber das wisst ihr ja schon.

Nach meiner Nachschnitt-Op verbrachte ich viele Stunden auf dem Sofa und kam langsam auf die Idee, eine Reha könnte vielleicht doch eine gute Idee sein, um wieder richtig auf die Beine zu kommen. Als ich anfing, zu recherchieren, bekam ich das Gefühl zurück, wieder etwas aktiv tun zu können auf meinem Weg zur Heilung.

Dieses Gefühl zog sich auch durch die Reha.

Bad Oexen

Schon kurz nach meiner Antragsstellung bekam ich die Zusage für Bad Oexen. Eine Klinik, die ich euch allen nur ans Herz legen kann. Besonders überzeugt hat mich das Alterskonzept. Durch eine grobe Einteilung landet man ganz automatisch zwischen anderen Betroffenen mit Krebs, die in einer ähnlichen Lebenssituation sind wie man selbst.

In meinem Fall, mitten im Berufs- und Familienleben und voller Sorge um die Zukunft.



Aber wie ist sie denn nun, so eine Reha?

Vom Sitzen ist man auf jeden Fall weit entfernt, man sportelt, bis zum späten Nachmittag.

Walken im Therapiewald, Yoga, Muskeltraining, Zirkeltraining, Pilates, jeder einzelne Muskel meines Körpers hat mir in den ersten Tagen die Tränen in die Augen getrieben!

Dazwischen gibt es reichhaltige Mahlzeiten und großartige Tischgespräche, ich wusste nicht, wie schnell man sich an Abendessen um halb sechs gewöhnen kann.

Zusätzlich hört man viele Vorträge, sitzt in Gesprächskreisen (da ist er, der Stuhlkreis) und darf sich auf so einer Art Wasserbett mit Massagestrahl durchrütteln lassen.

Es gibt Physiotherapie, Narbenbehandlung und bei Bedarf Ernährungsberatung und Ähnliches.

Besonders im Fokus stehen - wie so oft - die Brustkrebsbetroffenen. Sie kommen in den Genuss von besonders ausgebildeten Brustschwestern, die ihnen bei allen speziellen Fragen und Problemen weiter helfen. Schade, dass es solche Spezialisierungen nicht auch für uns Hautkrebspatient:innen und andere gibt...

Wenn man dann am Abend seine Augen noch offen halten kann, hat man viel Gelegenheit, es sich in Gemeinschaftsräumen nett zu machen. Man kann Billard spielen, kegeln , zusammen sitzen und auch das Schwimmbad nutzen. Wie ihr euch vorstellen könnt, rennen die Tage bei diesem Pensum so dahin, nur am Wochenende geht es ruhiger zu.


Was haben mir meine Rehas gebracht?

Besonders meine zweite Reha war ein großer Schritt für mich in Richtung Heilung im Innen und Außen. Ich hatte das große Glück, auf ein paar Menschen zu treffen, die sich direkt in mein Herz katapultierten und dort bis heute wohnen, auch wenn uns das normale Leben wieder in unsere verschiedenen Richtungen zieht.

Wir fanden uns bereits nach wenigen Tagen, zum Teil durch Zufall und fühlten uns in Lichtgeschwindigkeit miteinander verbunden. Ich glaube ich hatte Jahre nicht mehr so bewegende und offene Gespräche mit einer anderen Person als meinem Mann geführt.

Wir heulten zusammen, hielten uns im Arm, tranken ein Glas Wein mehr als optimal, lernten zusammen Hulla Hoop.

Wir lachten, bis wir dachten, wir machen uns in die Bux und lernten töpfern. Ein ganz besonderer Tag wird mir für immer im Kopf und im Herz bleiben. Wir wanderten zu einem Denkmal in der Nähe.


Über 20 Kilometer lang liefen wir zusammen und allein zu uns selbst. Wir schrien in den Wald, reichten uns die Hände und fluchten. Wir schwitzten und zweifelten. Und am Ende kamen wir zurück in die Klinik.

Alle hatten es geschafft. Die Füße taten weh, wir hatten Hunger und waren völlig verschwitzt.

Aber wir strahlten wie die Honigkuchenpferde.

Jeder von uns hatte am eigenen Leib gespürt und verstanden, dass der Krebs uns nicht geschafft hatte.

Wir waren auf dem Weg, uns unser Leben zurück zu holen und diese Wanderung war ein erster Schritt.



Das und noch viel mehr ist Reha!

Traut euch, legt eure Vorurteile ab und stürzt euch in dieses Abenteuer, die Dauerwurst (und den Käse für die Vegis wie mich) gibt's gratis dazu.


 


Empfehlenswerte Reha-Orte aus der

MID-Community (ohne Anspruch auf Vollständigkeit):




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