Nicole erzählt ihre Aderhautmelanom Geschichte

Hallo, mein Name ist Nicole und bis Februar 2024 war ich stolze Mama eines zwei jährigen Kindes, frisch verheiratet, Grundschullehrerin, Zumba-Trainerin und in Planung für Kind zwei🙃.
Klar war der Alltag mit Kind, Hobby und Arbeit spannend und herausfordernd und ich habe es gelebt und geliebt!
Erste Symptome
Im Februar 2024 bekam ich leichte Kopfschmerzen und einen Drang zur Brille, welche ich sonst nur beim Auto fahren und Kegeln auf habe. Ich setzte diese in unserem Winterferien Urlaub immer mehr auf und stellte Wasserblasen beim schauen fest. Irgendetwas war verdammt komisch.
Zurück aus Zürich ging ich also zum augenärztlichen Bereitschaftsdienst. Dort wurde mein Auge von außen angeschaut und die Ärztin meinte ich solle mehr entspannen, mein Auge sei gesund und tropfte irgendwas hinein. Gut, also alles gut, da war ich erstmal erleichtert.
Doch nicht alles gut?
Dieses Gefühl hielt allerdings nicht lange, die Woche darauf wurde es nicht besser. Am 26.2. ging dann die Schule wieder los und ich stellte mich den ersten Tag seit meiner Zeit als Lehrerin mit Brille vor die Kinder. Im Sportunterricht sprachen sie mich dann drauf an, wieso ich denn eine Brille trage...ja...gute Frage.
Genau in diesem Moment bin ich raus und rief den Augenarzt an.
Wie es so sein sollte, konnte ich noch am selben Tag hin. Ich hatte an einen Schlaganfall im Auge, Netzhautablösung, oder einfach Verschlechterung des Sehvermögens gedacht. Aber es war schlimmer. Den Tag davor habe ich meinem Kind noch vorgelesen und gemerkt, dass sich eine schwarze Wand so langsam bemerkbar macht und mein Blickfeld eingeschränkt ist.
Der Tag meiner Aderhautmelanom Diagnose
Also fuhr ich dann am 26.2. zum Augenarzt und es wurde ein langer Besuch und das Schöne - er hat mich verdammt ernst genommen (im Gegensatz zur Ärztin die Woche davor...was mich immer noch unglaublich wütend macht). Nach ca. 45 min stellte er die Diagnose Aderhautmelanom und erzählte mir was jetzt alles zu tun sei. Es lief wie ein Film. Ich ging aus der Praxis und fiel in mir zusammen...ich habe Krebs. Wie kann das sein? Warum? Wie kommt das?
Wie es nach Diagnose Aderhautmelanom weiterging
Dann ging alles ganz schnell: ich wurde von Leipzig nach Berlin in die Charité überwiesen. Am 1.3.2024 hatte ich dort Vorstellung und es hieß: "Morgen Früh erste OP. "
Mein Tumor war bereits 12,9mm dick und nahm einen Großteil meines Auges ein. Allerdings war es möglich das Auge zu erhalten und ich stellte mich diesen Behandlungen.

Los ging es mir einer Clip-OP für die anstehende Bestrahlung.
Die Protonenbestrahlung lief dann ca. zwei Wochen später über 4 Tage jeweils 1 min. Aufatmen...der Tumor war erst einmal eingestellt.
Da er so groß war und sich niemals alleine abgetragen hätte im Auge, folgte dann am 16.4.2024 die Endoresektion. (operative Entfernung des Tumors von innen)
Davor gab es noch eine neue Linse aufs Auge und schon war ich ja quasi nach 6 Wochen "durch".
Allerdings begann dann eigentlich erst der Horror.

Genetische Untersuchung zur Einschätzung der Prognose
Das Aderhautmelanom ist ein extrem seltener Tumor und sehr bösartig. Bei ca 50% der Patienten kommt es zur Streuung und im Verlauf zu Metastasen. Mein Tumor wurde dann eingesendet und genetisch untersucht. Ich war großer Hoffnung, dass ich vielleicht Glück habe - aber so sollte es nicht sein. Ich wurde uns Stadium 3B eingeteilt und hatte mit meinem Auge doch noch etwas zu kämpfen, bei der OP kam es zu Einblutungen im Auge und es mussten noch einige Eingriffe folgen...aber das Augenlicht kam wieder und ich sehe noch etwas! Wie wundervoll!
Im Mai kam dann die genetische Auswertung und die hatte es in sich. Leider hat diese nie ein Arzt mit mir ausgewertet oder besprochen. Man beschäftigt sich somit also leider viel zu intensiv selbst damit. Mein Tumor hatte leider eine Monosomie 3, im Befund stand: sehr hohes Risiko für Metastasen.
Wie es nach der Erstbehandlung weiterging
Da steht man dann da - mit dieser Nachricht und der Frage wann kommen die Metastatsen, kommen sie überhaupt? Für mich ging es erstmal an die Ostsee mit meinem Kind.
Zur Nachsorge gehörten alle 3 Monate MRT der Leber und jährliche Kontrolle Thorax. Diese nahm ich natürlich wahr und nach jedem positiven MRT haben wir als Familie etwas schönes unternommen. Am 17.7. startete ich dann eine adjuvante Therapie mit Ipi/Nivo, welche in den USA sehr gute Ergebnisse bei Hochrisikopatienten zeigte und ich war doch wieder voller Hoffnung. Ich ging so langsam wieder arbeiten im September und konnte den ganzen Wahnsinn hinter mir lassen.
Bis zum 16.12.2024.
Wieder ging es ins MRT und es sollte der schlimmste Tag überhaupt werden. Ich hatte mit meiner Schulklasse eine Lesenacht geplant, aber dort erschien ich dann leider nicht.

Metastasen?
Im Befund vom MRT stand nämlich plötzlich der Verdacht auf Metastasen. Die Welt bleibt stehen. Du weißt nicht wohin mit dir, hinterfragst plötzlich ganz viel und entwickelst plötzlich eine ganz andere Sicht auf alles. Die Woche war für meinen Mann und ich die Hölle. Schwierig war für mich, das im Gegensatz zum Auge, nun nicht wirklich jemand auf mich wartete. Der MRT Befund wird einem zugesendet und dann darf man sich selbst kümmern. Dies sehe ich sehr problematisch, da nicht alle Patienten dazu psychisch in der Lage sein können und sollen!
Achterbahn der Gefühle
Ich stand noch an diesem 16.12. bei meiner Onkologin und sie verordneten ein PET-CT. Dies folgte am 20.12., kurz vor Weihnachten.
Noch am selben Tag der Anruf: Erleichterung, es hat nix geleuchtet! Wieder ein Tränenbad zu Hause. Weihnachten war gerettet!
Sechs Wochen später sollte ich laut Tumorboard wieder ins MRT und dann kam es, wie es nicht erwartet war: leichter Progress der neuen Läsionen. Also doch Metastasen.
Stadium IV offiziell erreicht innerhalb eines Jahres mit gerade mal 29 Jahren.
Das darf nicht sein, das kann nicht sein, aber es ist so.
Ich habe es schnell akzeptiert, auch wenn es schwere Momente gibt. Wenn ich andere Mamas sehe, Schwangere oder auch einfach Menschen, die Leichtigkeit ausstrahlen, frage ich mich: "Werde ich dies jemals wieder können?" Ich versuche es und habe eine super Unterstützung in allen Richtungen, aber es fällt mir schwer.
Zum Durchatmen kommt man in diesem Moment leider nicht. Aderhautmelanome sind dafür zu selten. Zu meinem Pech habe ich auch noch den falschen HLA-Typ für die Antikörpertherapie und ich suche nach Lösungen. Und muss wieder Momente des Scheiterns erleben.
Der Behandlungsplan steht
Nun, vier Wochen nach der Nachricht Metastasen, habe ich einen für mich sehr guten Behandlungsplan und hoffe, dass dieser meine Erkrankung stabilisieren kann. Ich bin voller Hoffnung und Zuversicht, aber auch realistisch und kenne die Aussicht. Damit umzugehen und auch dem Umfeld dies zu erklären ist schwer. Da kommen ganz viele lieb gemeinte Ratschläge plötzlich um die Ecke, Geschenke und ein "Alles wird gut".
Ne eben nicht, aber gut - zum Glück bin ich die Expertin meiner Krankheit und kann das alles einordnen.
Tag der seltenen Erkrankungen, 28.02.2025
Heute, zum Tag der seltenen Erkrankungen, habe ich euch meine Geschichte erzählt. Diese ist lange noch nicht zu Ende und ich hoffe, in ein paar Monaten endlich mal etwas Schönes berichten zu können.
Wenn man die Probleme auf der Welt betrachtet, scheint meines doch irgendwo klein, aber ich möchte darauf aufmerksam machen.
Mit einer seltenen Erkrankung zu leben ist verdammt schwer! Wenn es dann auch noch weniger Ärzte gibt, die sich damit gut auskennen, noch wird es noch schwerer. Wenn vielversprechende Medikamente durch unsere Bürokratie Jahre brauchen, bis sie beim Patienten ankommen, am Schwersten.

Ich mache niemandem Vorwürfe und mir ist bewusst, dass wir wenig sind und die Forschung auch auf anderen Ebenen wahrscheinlich viel mehr lohnt...aber wir sind es auch wert!
Ich genieße die Unterstützung von MID und habe durch die Facebook Gruppe sogar schon Freunde gefunden. Der Austausch tut unglaublich gut und das ist für den inneren Arzt natürlich super, da Informationen zu erhalten.
Nun, ich könnte ewig weiterschreiben, aber ich denke es ist erst einmal genug. Ich danke MID für diese Möglichkeit hier und wünsche euch ganz viel Gesundheit!🫶🏼
Nicole, Aderhautmelanom Patientin
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